Der deutsche Michel

Der deutsche Michel
Der deutsche Michel
 
Die spöttische Bezeichnung für den Deutschen, meist gemünzt auf den biederen, unpolitischen, etwas schlafmützigen Bürger, findet sich erstmals 1541 in der »Sprichwörtersammlung« des deutschen Dichters Sebastian Franck (1499-1542 oder 1543). Sie meint dort einen ungebildeten, einfältigen Menschen und wurde in dieser Bedeutung bis ins 17. Jh. verwendet. Zugrunde liegt die in bäuerlichen Kreisen häufige Kurzform des Vornamens »Michael«, der im Mittelalter in der christlichen Welt als Name des Erzengels Michael Verbreitung fand. Als Überwinder des Teufels galt dieser als Schutzheiliger, besonders des deutschen Volkes. Von der städtischen Bildungsschicht dürfte die Kurzform des Namens wohl zuerst satirisch auf den Bauernstand bezogen worden sein und dann in Verbindung mit dem Attribut »deutsch« endgültig eine Ausweitung auf das ganze Volk erfahren haben. In den Bemühungen des 17. Jh.s um die Reinhaltung der deutschen Sprache kennzeichnet der Name dann den redlichen, aufrechten Deutschen, der seine Muttersprache gegen die Aufnahme von Fremdwörtern verteidigt. In den 30er- und 40er-Jahren des 19. Jh.s wird er in der politischen Auseinandersetzung zum Spottnamen für den gutmütigen, aber einfältigen und verschlafenen Deutschen (in der Karikatur mit Zipfelmütze dargestellt), der sich seiner Machthaber nicht zu erwehren weiß und wachgerüttelt werden sollte.

Universal-Lexikon. 2012.

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